Ostküste 2018

Rambutan und rote Panther

Pantherchamäleon
Pantherchamäleon

Ich sitze gerade an meinem Zebu-Sandwich, als die Indris leise aus dem Regenwald zu hören sind. Ihr Gesang untermalt mein Frühstück hervorragend, auch wenn es eigentlich wie immer viel zu früh ist. Markus hat am Morgen noch seine heiß ersehnten Phelsuma pusilla halmanni gefunden. Irgendwo unter den Bungalows. Nicht nur an einem einzigen Baum. Die Perlhühner zuckeln auf dem Hang unter den Bungalows herum. Eins scheint ein gebrochenes Bein zu haben, es humpelt eher kläglich einher.

Fast pünktlich starten wir um Acht in Richtung Brickaville. Die RN2 ist ganz gut in Schuss, so dass wir zügig vorankommen. Mitten in einem kleinen Hüttendorf irgendwo auf dem Weg fährt Christin rechts ran. „Pinkelpause!“, meint er und grinst verstohlen. Tatsächlich geht keiner pinkeln, denn es gibt direkt am Wegrand auf einem dicken Baumstamm schon etwas zu entdecken: Ein wunderschönes, älteres Pantherchamäleon-Männchen. Es ist dunkelrot gefärbt. In einem Busch auf Bodenhöhe direkt neben der Straße findet sich das passende männliche Gegenstück dazu, das aber deutlich jünger ist. Beim Anblick des anderen Männchens verliert das jüngere Tier seine grüne Farbe und wird leuchtend rot. Was für ein Anblick! Dafür hat sich das Anhalten wirklich gelohnt. Strahlende Gesichter, sowohl bei den Vazaha als auch bei den benachbarten Madagassen, deren Kinder freudig ein paar Malbücher samt Stiften entgegen nehmen. Als sich alle satt gesehen haben, geht die Fahrt weiter.

Pantherchamäleon
Das tolle rote Pantherchamäleon

In Ampasimbe, dem Dorf mit dem riesigen Obstmarkt, halten wir nochmal an. Auf klapprigen Holzbrettern stapeln sich die ganze Straße entlang Mangos, Zimtäpfel, „normale“ Äpfel, Karotten und riesenhafte Jackfruits. Ganze Bananenstauden hängen an Kordeln vorne an den Ständen herunter und liegen in Stapeln auf dem Boden und auf Holzbrettern. Rambutan gibt es heute leider keine. Dafür entdecke ich an einem Stand auf zwei großen, runden Reistellern aus Bast jeweils ein Häufchen weißes und ein Häufchen braunes Bonbon coco. Das ist eine Süßigkeit, die man auf Madagaskar gerne aus Zucker und Kokosraspeln herstellt. Das Stück kostet 200 Ariary, weshalb ich natürlich probiere und noch ein paar mitnehme. Außerdem erstehe ich einige Bananen, 1000 Ariary kostet ein Bund an der Schnur. In einem kleinen Laden mit einer bunten Vaseline-Werbung an der Tür kaufe ich dann noch ein paar Flip-Flops und eine Flasche Wasser.

In Brickaville biegen wir links zu einer Tankstelle ab. Eine Frau mit schlanken, hohen, selbst geflochtenen Körben kommt vorbei. Zwischen den grünen Bananenblättern, die die hohen Körbe auslegen, erspähe ich Rambutan. Dann gibt es sie ja doch! Keine zweihundert Meter weiter kaufen wir außerdem noch durchs offene Busfenster weitere Rambutan-Körbchen.

Pantherchamäleon
Dimby watet durchs Gebüsch, um das Pantherchamäleon-Männchen kurz zu „pflücken“ – es wird später wieder genau dorthin zurück gesetzt

Wir erreichen die Abzweigung nach Manambato am Nachmittag. Der Bus muss hier bleiben. Die Straße ist inzwischen so schlecht geworden, dass selbst Christian sie nicht befahren kann. Und er befährt eigentlich fast alles, was sich noch Weg nennt – auch da, wo längst kein Auto mehr durch kommt.

Wir steigen also trotzdem in kleinere Busse um, es gibt nur diese Möglichkeit hier. Ich zwänge mich mit Tanala auf den Beifahrersitz eines komplett golden angemalten Busses, dessen Windschutzscheibe links gerissen ist. Rechts sind diverse Steinschläge in der Scheibe mit Tesafilm geklebt. Auf meiner Seite fehlt das Fenster in der Tür ganz, dafür gibt es eine dritte Sonnenblende, die zu meinen Füßen liegt. Unter dem Lenkrad des Fahrers schauen irgendwelche Kabel hervor. Eine Flasche Duftspray liegt direkt unter der Windschutzscheibe, genau da, wo es richtig brütend heiß wird. Tanala sitzt zur Hälfte auf einer riesigen Plastiktüte, in der lose gekochte Nudeln vor sich hin schwappen.

Die Fahrt geht los und wir rumpeln den sieben Kilometern bis Manambato entgegen. Die Straße besteht aus einer Menge Löchern und Gräben, die inzwischen erstaunliche Tiefen erreicht haben. Der kleine Bus fährt teils so eng an den Seiten vorbei, dass ich aus dem offenen Fenster Blümchen pflücken kann. Der Fluss kurz vor Manambato ist niedrig, vielleicht knöchelhoch – wir durchfahren ihn einfach. Dahinter liegt allerdings eine riesige Pfütze, die die Reifen durchdrehen lässt und uns zu einem unfreiwilligen Halt zwingt. Ein Zebu steht neben der Pfütze und beobachtet ungerührt wiederkäuend, wie wir den kleinen Bus aus dem Schlamm bugsieren.

Endlich erreichen wir Manambato. Am Strand essen wir die mitgebrachten Sandwiches und genießen ein gekühltes THB dazu. Derweil laden die Jungs unser Gepäck auf die Filo II um, mit der wir über den Canal des Pangalanes zum Palmarium gebracht werden. Es ist echt heiß geworden, die Sonne brennt vom Himmel. Schließlich steigen alle über einen kleinen hölzernen Tritt ins Boot. Ich setze mich eine ganze Weile vorne aufs Boot in die Sonne, verziehe mich aber bald wieder unter den Sonnenschutz. Es wird zu warm. Also offiziell. Inoffiziell mag eine mittelgroße Spinne, die sich unter dem Tau im Bug befindet, auch zu meinem Rückzug beigetragen haben.

Canal des Pangalanes

Bei bestem Wetter gleitet das Boot an den grünen Ufern des Canal des Pangalanes vorbei. Nur zwei Fischer in ihren Pirogen begegnen uns unterwegs. Und ein paar Enten dümpeln rechts und links am Ufer entlang.

Im Hellen erreichen wir den hölzernen Bootssteg des Akanin’ny Nofy. Zur Begrüßung stehen Olivier und Pascal am Steg – und ein paar Jungs, deren Namen ich mir nicht merken kann. Nacheinander steigen alle aus und steigen die Stufen zum Restaurant nach oben. Samt aller Rambutan-Körbchen. Gerade sitzen ein paar schwarz-weiße Varis direkt vor dem Restaurant. Das wird innen gerade renoviert, weshalb wir später unser Abendessen auf der überdachten Veranda draußen einnehmen. Außer ein paar Dänen scheinen wir allein zu sein im Reservat. Mit Punch Coco und Ananasrum wird der Abend noch sehr lustig, wenn auch die Trommeln ein wenig fehlen.

Veröffentlicht von Alex

Alex ist 35 Jahre alt, wohnt in der Nähe von Mainz und ist im echten Leben fernab des Urlaubs Tierarzt mit Faible für Reptilien. Sie fotografiert und reist gerne - so entstand auch dieser Blog. Nebenbei hält sie selbst Chamäleons zu Hause, schreibt an wissenschaftlichen Veröffentlichungen, betreibt ein kostenloses OnlineMagazin und erstellt Malbücher für madagassische Kinder.

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