Norden 2013

Zwischen den Tsingys

Ankarana
Die Tsingys von Ankarana

Ich bin hundemüde. Der nervige Muezzin, die ständig wieder einzuschaltende Klimaanlage, die zig Stromausfälle… und es geht nicht nur mir so. Fast alle sind kurz vorm Einschlafen. Ich würde am liebsten direkt auf dem Boden weiterschlafen.

Heute bleiben wir nicht in Ambilobe. Unser Frühstück nehmen wir wieder auf dem Markt ein. Megaleckere frittierte Bananen, ein oder zwei Flaschen Cola dazu, fertig. Wach macht das aber nicht. Mit den Landcruisern fahren wir nach Ankarana. Die Straße führt nach oben, die Aussicht ist fantastisch.  Man schaut über flaches, hellgrünes Land bis zu den Bergketten in weiter Ferne. Viele Sträucher, Zebuherden, einzelne kleine Hütten… ein bisschen savannenartig. Wir landen in einem kleinen Dorf namens Mahamasina. Links auf einem Parkplatz befindet sich in einem weißen Gebäude anscheinend so etwas wie das Parkbüro. Ich habe schon wieder Hunger. Und bin müde. Auf dem Schotterparkplatz läuft ein magerer Hund herum, der sich gerne kraulen lässt und die Streicheleinheiten sichtlich genießt. Nach einer kleinen Pause, in der wir unser spätes Mittagessen für später schonmal vorbestellen, geht es einen sehr engen, tief in den Boden gegrabenen staubigen Weg entlang bis zu einer Art Parkplatz. Schon direkt vor dem Auto finden wir eine kleinere Schlange. Vom Parkplatz ab führen Trampelpfade zwischen gelb-roten Gräsern in den Nationalpark.  Meine Gruppe wird von Angelin geführt, dessen gute Laune wirklich ansteckend ist. Er führt uns einen provisorisch mit Stufen ausgeschlagenen Weg nach unten zu einem breiten, ausgetrockneten Flussbett. Es ist etwas unheimlich, zwischen den riesigen, runden, glatten Steinen auf die andere Seite zu laufen. In der Regenzeit ist hier keinerlei Durchkommen möglich.

Der Wald ähnelt ein bisschen dem in Ankarafantsika. Riesige Bäume überall, wir durchqueren große „Tore“ aus Ästen und passieren Baumstämme, unter deren Wurzel ich locker durchlaufen kann. Okay, davon gab’s nur einen! Schließlich erreichen wir eine kleine Holzplattform, von der aus man weit über die grauen Tsingys sehen kann. Ein tolles Fotomotiv, aber mir irgendwie zu grau. Schon beeindruckend, aber grau. Nach einer kleinen Trink- und T-Shirts-Auswring-Pause verlassen wir die Plattform nach rechts in Richtung der Tsingys. Der Weg besteht nur aus hellgrauen Steinen. Man muss sehr schauen, wohin man läuft, sonst liegt man schnell auf der Nase. Zur Linken erstrecken sich die Tsingys, soweit das Auge reicht. Am Rande des Steinpfads  wächst allerlei Gebüsch, einige tolle Bäume mit großen weißen Blüten und auch die Wasser speichernden „Flaschenbäume“. Irgendwo auf den Steinen machen wir eine Verschnaufpause.

Irgendwann erreichen wir tatsächlich den „Endpunkt“ unserer Wanderung – einen etwas höheren Aussichtspunkt. Um dorthin zu gelangen, muss man über eine längere  Hängebrücke gehen. Diese erweist sich zu meinem Erstaunen als extrem stabil und sehr gut befestigt.  Durch die zwischen den Tsingys wachsenden Bäume wirkt sie auch nicht so hoch, so dass meine Höhenangst heute mal keine Chance hat. Am anderen Ende der Hängebrücke geht es einen extrem schmalen Pfad zwischen sehr hohen Felsen nach oben. Wer hier etwas mehr wiegt als ich, dürfte Probleme haben, durchzukommen. Klaustrophobie wäre fehl am Platze! Oben wird man von einem tollen Ausblick belohnt. Wobei der Ausblick zwischendurch etwas weiß und nackt scheint, was vor allem durch einen gewissen Reiseleiter auf der exakt gegenüberliegenden Seite der Felsen forciert wird. Aber nur sehr kurz. Hat aber für ein Beweisfoto gereicht!

Auf dem Steinweg und auch auf dem Aussichtspunkt begegnen wir einigen anderen Tourigruppen. Der Rückweg wird anstregender als gedacht. Zwar begegnen wir noch einem oder zwei Wieselmakis in Astlöchern, die wirklich niedlich sind, aber selbst der große Blattschwanzgecko ist nur kurz Fotomotiv. Für ein kleines Erdchamäleon platzieren sich dann aber doch noch alle mal bäuchlings auf dem Boden. Der kleine Wicht hatte wahrscheinlich auch noch nie ähnlich viel Aufmerksamkeit in seinem Leben. Es wird doch langsam etwas anstrengend bei den Temperaturen. Zum Abschluss unseres Besuch im Ankarana Nationalpark besichtigen wir noch ein riesiges, etliche hundert Meter im Durchmesser großes Steinloch. Steinere Riesenstufen führen nach unten. Es ist der Abfluss der oberirdischen Flüsse im Park, die  in der Regenzeit alle hier hinein müden. Ab hier verlaufen sie unterirdisch. Ganz Ankarana ist von diesen Tunneln durchzogen, sie bilden das größte unterirdische Höhlensystem Afrikas. Wir machen eine kleine Verschnaufpause, bevor es wieder zurück zum Ausgangspunkt des Tages geht.

Florentine
Florentine

Nur ein paar Hütten weiter ist ein Restaurant, an dessen langen Tischen wir Platz nehmen. Es gibt Krabben, Fisch, und andere Leckereien für sehr wenig Geld. Das Essen ist köstlich. Nach einer Weile setze ich mich vor der Hütte auf eine Bank, um ein wenig die Sonne zu genießen. Ein neugieriges kleines Mädchen beobachtet mich von gegenüber. Ein kleiner Junge in einer blauen Hose jagt Entenküken und stolpert schließlich über eines, was seine Mutter mit lautem Schimpfen quittiert. Die Enten-Eltern sind in einer Art Korb untergebracht, der aus Bast gemacht wurde.

Ich suche einen Luftballon aus meinem Rucksack, blase ihn auf und male einen Smiley drauf. Ohne, dass das Mädchen ein Wort versteht, nimmt sie den Luftballon dankend an. Sie heißt übrigens Florentine und ist die Tochter des Mannes, der das Restaurant versorgt. Glaube ich.

Zurück in Ambilobe bin ich todmüde. Es reicht gerade noch, um in dem kleinen Restaurant von gestern noch zwei THB zu trinken und eine Kleinigkeit zu essen, dann geht’s ab ins Bett. Tanala kann übrigens grandios massieren.

Veröffentlicht von Alex

Alex ist 35 Jahre alt, wohnt in der Nähe von Mainz und ist im echten Leben fernab des Urlaubs Tierarzt mit Faible für Reptilien. Sie fotografiert und reist gerne - so entstand auch dieser Blog. Nebenbei hält sie selbst Chamäleons zu Hause, schreibt an wissenschaftlichen Veröffentlichungen, betreibt ein kostenloses OnlineMagazin und erstellt Malbücher für madagassische Kinder.

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